Dienstag, 13. Dezember 2011

Der Goldener Tempel von Vellore

Hallo meine Lieben,
hier mal ein kurzer Zwischenbericht vom Wochenende. Wie in der Überschrift schon erwähnt sind wir zu einem wunder-, wunder-, wunderbaren Tempel außerhalb Chennais gefahren. Komischerweise hatte uns nie jemand auf diese Sehenswürdigkeit hingewiesen. Nun ja, unser Freundin Durga, die wir bei Yoga kennengelernt haben und zu der wir in sehr nahem Kontakt stehen, hat es dann doch getan. Und so sind wir, nach einem üppigen Frühstück bei ihr zu Hause, mit einem Kleinbus und noch weiteren Frauen aus der Yogastunde nach Vellore gefahren. Auf die Frage, wie lange es denn dauern würde, bekamen wir die Antwort "etwa zweieinhalb Stunden". Es war also mit drei Stunden oder mehr zu rechnen. Am Ende waren es dann tatsächlich über fünf Stunden, die wir unterwegs waren. Das hing auber auch damit zusammen, dass es für unsere Freunde einfach nicht möglich ist, eine kurze Toilettenpause zu machen, da muss gleich noch ein Kaffee getrunken werden und das dauert dann schon mal eine Stunde.
Als wir dann endlich ziemlich geschafft und müde in Vellore angekommen sind, wurden erst mal unsere Handys und Kameras eingesammelt. Wir waren schockiert, wie jetzt, keine Fotos?! Das hatten wir nicht erwartet. Aber so waren nun mal die Vorschriften, wie uns unser blonde kanadische Führerin April mitteilte. Der Vorschrift, dass man vor dem Besuch des Tempels durch die Sicherheitskontrolle gehen muss, sind wir dann allerdings geschickt entronnen und so wurden wir gleich zum Eingang geschleußt. Es gab die unterschiedlichsten Menschengruppen, die sich auf dem Rundgang Stück für Stück dem Inneren des Tempels näherten. Auffällig waren Frauen, die alle den gleichen roten Saree trugen und Männer in schwarzen Röcken: Pilger. Aber es gab auch jede Menge Familien und natürlich auch Touristen.
Weil wir für die Fahrt zum Tempel so lange gebraucht hatten, hatten wir letzendlich nur eine halbe Stunde für die Besichtigung Zeit. Wir hatten irgendwelche speziellen Eintrittskarten und so mussten wir nirgends anstehen, sondern wurden vorne direkt durchgelassen. Das war uns sehr unangenehm, aber richtig schlimm fanden wir es, als wir zum Innersten des Tempel gelangt waren, also zum Höhepunkt des Ganzen. Alle mit normaler Eintrittskarte bekamen kaum die Gelegenheit einen Blick auf das Allerheiligste zu werfen und wurden grob zurückgeschobe. Wir allerdings durften ungefähr fünf Minuten hinter der Absperrung direkt vor dem Altar sitzen. Ich fand diese Situation einfach schrecklich. Für Mancheinen war das vielleicht der Höhepunkt einer weiten Pilgerreise gewesen sein und für uns war es einfach nur eine beeindruckende Sehenswürdigkeit.
Der Tempel besteht aus purem Gold und sah einfach wunderschön aus. Noch majestätischer wirkte er dann, als er bei Anbruch der Dunkelheit beleuchtet wurde. Wir waren wirklich sehr traurig, dass wir keine Fotos machen durften, deshalb habe ich hier einfach mal getrickst und eines aus dem Internet reingestellt, damit ihr es euch ein bisschen vorstellen könnt.

Was es ansonsten so Neues von mir gibt: Ich habe - wie scheinbar alle Deutschen in Indien - Ohrprobleme bekommen und bin deshalb auf einer Seite fast taub und habe leider auch ziemliche Schmerzen. Als Doro am Anfang unseres Aufenthaltes auf Anweisung des Arztes ständig mit Watte in den Ohren rumgelaufen ist, habe ich mich noch lustig gemacht, aber was soll ich sagen? Jetzt ergeht es mir genauso und ich kann nur hoffen, dass es sich bald bessert, ansonsten krieg ich hier die Krise. Als ob es nicht schon so schwierig genug wäre das indische Englisch zu verstehen.

Heute war ich das erste Mal bei einem Tanzkurs für Jazzdance und es hat mir sehr viel Spaß gemacht. Es war einfach der Hammer sich mal wieder richtig auszupowern, das hat mir wirklich gefehlt. Morgen werd ich vor Muskelkater wohl kaum ein Bein vor das andere setzen können, aber trotzdem hat es sich auf jeden Fall gelohnt. Ein bisschen Sport brauche ich einfach. "Geh doch joggen" haben mir einige Leute aus Deutschland geraten. Aber liebe Leute so einfach ist das eben nicht. Erstens ist es megaheiß hier, zweitens gibt es hier soooo viel Verkehr und drittens ist es für einen Inder unvorstellbar, dass eine Frau joggen geht.
Yoga habe ich mittlerweile aufgegeben. Da habe ich mich einfach nicht ausgelastet gefühlt und die Leute waren im Durchschnitt gute zehn Jahre älter als ich.
Deshalb jetzt also Jazzdance mit vielen jungen Leuten, und viel Mukelkater.

Donnerstag, 8. Dezember 2011

O Christmas Tree! O Christmas Tree!


Weihnachten rückt immer näher und ich komme nicht mehr drumherum, dass ich jeden Tag an das Fest der Liebe denke. Gestern habe ich endlich meine Weihnachtspost durch einen Schlitz in das dunkle Innere eines Briefkastens der Indian Post gesteckt. Dafür musste ich eine ganze Weile durch unsere Gegend irren. Weil das Schild des Postoffices wohl einfach zu groß für mich ist, bin ich beim ersten Mal doch glatt dran vorbeigelaufen. So habe ich aber noch ein paar neue Straßen entdeckt und gleich einen kleinen - auch wenn zugegebenermaßen ungewollten – Spaziergang gemacht.
Auch bei der Arbeit ist jedermann in bester Weihnachtsstimmung. Dass die meisten Kinder Hindus sind, spielt keine Rolle, die christlichen Weihnachslieder werden rauf und runter gesungen. Auch ich tue meinen Teil und singe oft fröhlich meine deutschen Texte drauf los und gestern habe ich mit größtem Staunen vernommen, wie ein Mädchen aus meiner Klasse doch tatsächlich "Oh Tannenbaum" auf deutsch anstimmt. Ich war richtig gerührt.
Mittlerweile ziert auch ein Weihnachtsbaum unser Klassenzimmer, den haben wir mit wunderschön-kitschigem Schmuck behangen. Um den Weihnachtsbaum schlingt sich eine rote Lichterkette, die unser Klassenzimmer in ein Licht versetzt, dass ans Rotlichtmilieu erinnert (zumindestens, wenn nicht gerade Stromausfall ist).
Nikolaus musste ich ganz viel an zu Hause denken, aber da wir ein schönes, gemütliches Kaffeetrinken mit Schokolade und Pfefferkuchen, die uns zugeschickt wurden gemacht haben, bin ich nicht in allzu große Trauer verfallen. Überhaupt ist unsere Wohnung eigentlich schon recht weihnachtlich geschmückt. Wir haben einen Tisch auf welchem Adventskalender stehen und so haben wir immer unsere Freude daran täglich ein neues Türchen zu öffnen.

Mein Trip nach Bangalore war im Übrigen sehr schön. Es war toll die Leute vom Austausch wiederzutreffen. Ich habe es nicht bereut, zweiter Klasse im Zug gefahren zu sein. Es war wirklich ein Erlebnis zwischen den ganzen schnatternden Indern zu sitzen und zuzusehen, wie sich die Snackverkäufer wieder und wieder laut rufend den Weg durch die Menge bahnten.
Einen Tag lang bin ich mit meiner Freundin Aparna in der Schule gewesen. Es war schon etwas eigenartig von der Lehrerposition plötzlich wieder in die Schülerrolle zu schlüpfen, aber es war insgesamt ein sehr entspannter Tag. Auch das Wochenende haben wir sehr ruhig angehen lassen und doch habe ich meinen Zug zurück nach Chennai durch einen Stau beinahe versäumt.
Was sich mir am tiefsten in die Erinnerung in Bezug auf Bangalore eingeprägt hat, ist, wie ich gefroren habe, also ich angekommen bin. Alle haben sich über mich lustig gemacht, weil ich, die Deutsche unter den ganzen Indern, in dicker Jacke dasaß und es mich trotzdem gefröstelt hat. Aber ich bin halt nicht direkt aus Deutschland gekommen, sondern aus dem mehr als zehn Grad wärmeren Chennai.
In diesem Sinne: heiße weihnachtliche Grüße